A year in review - 2021
Die Zeit zwischen den Jahren bietet sich nicht nur dazu an, sich die letzten Reste vom Festessen schmecken zu lassen und in bequemen Klamotten vorm Fernseher zu sitzen. Es ist auch der ideale Zeitpunkt, das vergangene Jahr einmal Revue passieren zu lassen.
Die Weihnachtstage sind vorüber und es ist diese komische Zeit “zwischen den Jahren”, in der wir nicht wissen, welcher Wochentag ist, uns die Reste vom Feste schmecken lassen, eine Flasche Wein immer offen ist. Aber es ist auch die Zeit zu reflektieren, ein bisschen zurückzuschauen und das Jahr noch einmal ganz in Ruhe Revue passieren zu lassen.
Ich sitze am Küchentisch von Harrys Eltern. Das erste Mal in meinem Leben habe ich Weihnachten nicht mit meiner Familie verbracht. Omikron hat uns in letzter Minute einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber nach dem ersten Anflug von Traurigkeit, konnte ich mich auf ein ganz anderes, ein britisches Weihnachten einlassen und habe es sehr genossen.
Mir gegenüber sitzen Harry und sein Bruder Ben, beide ebenfalls mit aufgeklappten Laptops. Sie machen ihr Tax Return und ich versuche mich noch einmal an alles zu erinnern, was im vergangenen Jahr passiert ist.
Here we go, mein Jahresrückblick 2021
Das Jahr fing nicht besonders gut an. Harry und ich lagen beide mit Covid im Bett und brauchten fast den ganzen Januar, uns mehr oder weniger davon zu erholen. Danach setzte ich die Intention, mich 2021 vor allem auf meine Gesundheit zu konzentrieren. Und das ist mir auch gelungen.Gesundheit
Nachdem Covid einigermaßen überstanden war, fing ich recht zügig wieder an zu laufen und konnte die Routine, die ich 2020 erarbeitet hatte weiter fortführen. Besonders in der ersten Hälfte des Jahres lief ich immer schneller und längere Distanzen. Auch Yoga habe ich weiter praktiziert und konnte vor allem in den letzten Wochen immer mehr herausfordernde Haltungen meistern. Meine Morgenroutine, die zwischen Laufen und Yoga und sporadischen Home Workouts wechselt, gibt mir Energie und lässt mich mit klarem Kopf in den Tag starten. Ich möchte sie auch in 2022 weiterführen, noch mehr Yoga machen und weiter laufen.Gereist
Trotz hartem Lockdown in London am Anfang des Jahres und immer wechselnden Beschränkungen im Laufe des Jahres, schaffte ich es doch, ein bisschen zu reisen, zu entspannen und Zeit mit lieben Menschen zu verbringen.
Im Juni verbrachte ich eine Woche in Mainz mit meinen Kolleginnen und Kollegen von Frischepost. Zum aller ersten Mal, seitdem ich mit ihnen arbeite, waren wir alle zusammen. Es war Hochsommer und ich genoss das Beisammensein, gemeinsame Arbeiten und natürlich das beste aus Rheinhessen und dem Rheingau (Wein, na klar!) sehr. Anschließend nahm ich den Zug nach Bonn und verbrachte dort ein langes Wochenende mit meiner Schwester. Es tat gut Zeit zu zweit zu verbringen, die in den letzten Jahren eher rar war.
Im Juli reisten Harry und ich für 10 Tage nach Griechenland. Wir erkundeten drei Tage lang Athen und nahmen dann die Fähre nach Aegina und nach vier Tagen die Fähre nach Poros. Wir verbrachten unsere Tage vor allem damit, im glasklaren Wasser zu schwimmen, zu lesen, und uns das herrliche Essen schmecken zu lassen. Ein Urlaub wie wir ihn lange nicht hatten und dafür umso mehr genossen.
Ende August / Anfang September nahmen wir uns noch eine Woche, um mit unserem Van nach Dorset, im Südwesten Englands, ein Teil des Landes, den ich bis dato noch gar nicht kannte, zu fahren. Ganz spontan und ohne richtigen Plan, wo wir den nächsten Tag und die Nacht verbringen würden, starteten wir in Bath, fuhren von dort nach Bradford on Avon, besuchten Stourhead House and Gardens und machten Stop in Sherborne. Wir fuhren zur Cheddar Gorge (jap, hier kommt der Käse her), wanderten über die Schlucht, genossen die spektakuläre Aussicht und anschließend Tea and Scones im lokalen Tea Room. Dann ging es weiter Richtung Süden zur Studland Bay, dann Lulworth Cove und Durdle Door. Von dort weiter nach Bridport, wo wir zum Golden Cap wanderten und uns dann die Septembersonne am Strand von Seatown ins Gesicht scheinen ließen. Auch mein bereits dritter Urlaub in England hat mich nicht enttäuscht. Beeindruckend Szenerie, großartige Pubs, reichlich Sehenswürdiges und relativ kurze Distanzen machen es in meinen Augen zu einem perfekten Land für einen Roadtrip.
Im November nahm in Zug von London nach Amsterdam, um dort meine liebe Freundin Johanna zu besuchen. Es war nicht mein erstes Mal in der Stadt, aber umso schöner mit einem “Local” unterwegs zu sein und neue Ecken zu entdecken.
Außerdem verbrachten wir auch einige Wochen in Hamburg. Oft aus der Notwendigkeit heraus Dinge zu erledigen, aber bereichert durch die Freund:innen und Familie, die wir sehen konnten.
(Um)Gezogen
Im August haben wir es endlich geschafft - wir haben unsere Wohnung in Hamburg ausgeräumt und sind vollständig nach London umgezogen. Es war gar nicht so einfach zwei Wohnungen in nur einer zu kombinieren, und bedeutete viele Dinge loszulassen. Und das tat so gut. Denn: Weniger ist mehr! Wir fokussierten uns darauf die Dinge zu behalten, die uns wirklich etwas bedeuten, die wir wirklich brauchen und konnten so entscheiden, was wir weggeben, verschenken oder verkaufen konnten. Und zum Glück vermisse ich bis heute kein einziges der Dinge. Im Gegenteil - ich fühle mich freier, leichter.
Auch Hamburg vermisse ich per se nicht wirklich. In meinen letzten Wochen in der Stadt wurde ich so oft gefragt, ob oder wie oft ich schon geweint hätte. Und die Antwort war zu jedem Zeitpunkt die gleiche: gar nicht. Ich habe unsere Wohnung geliebt, den Stadtpark direkt vor der Tür zu haben, viele Freundinnen nur einen kurzen Spaziergang entfernt. Aber schlussendlich habe ich mich entschieden, vollständig nach London zu ziehen. Nicht aus einem Zwang heraus, sondern weil ich es von Herzen wollte. Ich bin so dankbar, dass ich in dieser großartigen Stadt leben darf.
Gefühlt
Wir ließen in diesem Jahr noch viel mehr als ein paar Klamotten und Möbelstücke los. Nach unserem Umzug musste wir leider feststellen, dass es unglaublich kompliziert, unpraktisch und teuer ist, einen deutschen Van in England anzumelden und zu halten. Die Erkenntnis, dass ein Verkauf die beste Lösung sei, tat weh. Wir hätten so gern noch so viel mehr mit ihm unternommen. Aber wir überkamen den Schmerz. Wir fuhren den Van zurück nach Hamburg und konnten ihn dort in gute Hände geben. Und bei diesem Loslassen verdrückte ich wirklich ein paar Tränen.
Einen Moment der Trauer erlebte ich kurz vor Weihnachten noch einmal, denn wir mussten uns von unserer Familien-Katze Tappsi verabschieden. Es ist seltsam festzustellen, wie sehr man ein Tier ins Herz schließen kann. Sie hat 18 Jahre mit uns verbracht. Ein großartiges Alter. Tschüss, Tappsi, wir werden dich vermissen.
Von traurigen Moment zu freudigen Momenten! Trotz Reisebeschränkungen und Umzug schaffte ich es in diesem Jahr viele meiner Freundinnen zu sehen und Zeit mit meiner Familie zu verbringen (siehe oben). Gemeinsames essen, kochen, trinken, picknicken, schnacken und beisammensein sind Balsam für die Seele. Auch in London konnte ich bereits neue Menschen kennenlernen und erste Freundschaften schließen. Es fühlt sich aufregend und schön an und verleiht mir innere Ruhe.
Gelesen
Nicht so viel, aber dafür habe ich jedes der Bücher sehr genossen:
Neuleben - Katharina Fuchs
The girl at the Lion D’Or - Sebastian Faulks
Zweit.nah - Lina Mallon
Bestattung eines Hundes - Thomas Pletzinger
Der Wal und das Ende der Welt - John Ironmonger
How to stop time - Matt Haig
Der Gesang der Flusskrebs - Delia Owens
The Midnight Library - Matt Haig
Factfulness - Hans Rosling
Factfulness habe ich in den letzten Tagen zu ende gelesen und möchte es jedem ans Herzen legen. Der Subtitel “Ten Reasons We’re Wrong about the World - and Why Things Are Better Than You Think” spricht für sich. Es ist so leicht, sich durch die Headlines der Nachrichten zu scrollen und zu denken, die Welt würde immer schlechter. Hans Rosling zeigt anhand von Daten, dass das nicht unbedingt stimmt. Er erklärt, warum wir uns so leicht dazu verleiten lassen, das Schlechte zu sehen, Dinge zu missinterpretieren und Menschen oder Institutionen zu beschuldigen. Er zeigt auf, welche Fragen wir uns stellen können, wenn wir wieder gen Weltschmerz abdriften.
Auf einer der letzten Seiten des Buches schreibt er, warum wir vor allem Demut und Neugier lernen sollten. Ich finde, einen besseren Neujahrsvorsatz gibt es nicht:
“Most important of all, we should be teaching our children humility and curiosity. Being humble, here, means being aware of how difficult your instincts can make it to get the facts right. It means being realistic about the extent of your knowledge. It means being happy to say “I don’t know.” It also means, when you do have an opinion, being prepared to change it when you discover new facts. It is quite relaxing being humble, because it means you can stop feeling pressured to have a view about everything, and stop feeling you must be ready to defend your views all the time.
Being curious means being open to new information and actively seeking it out. It means embracing facts that don’t fit your worldview and trying to understand their implications. It means letting your mistakes trigger curiosity instead of embarrassment. “How on earth could I be so wrong about that fact? What can I learn from that mistake? Those people are not stupid, so why are they using that solution?” It is quite exciting being curious, because it means you are always discovering something interesting.” (Factfulness, Hans Rosling, S.249)