#01 Great Britain and the German

Mir wurde plötzlich klar: I could do this everyday now. Und in dem Moment kam ich an. Ich begriff, dass all die kleinen Routinen, die ich mir hier schon aufgebaut hatte, all die Wege, die ich auswendig kannte, all die Eigenarten, an die ich mich längst gewöhnt hatte, längst zu meinem Zuhause geworden waren.

London Sunset Themse

Jetzt ist es soweit. Ich wohne in London. Irgendwie so und inmitten einer Pandemie ist es passiert. Das wovon ich als Teenager träumte (nicht von London direkt, aber davon in einem anderen Land, in einer aufregenden Stadt zu leben), ist plötzlich Realität. Aber genau weil es irgendwie so, ohne richtigen Abschluss und richtigen Anfang, ohne Abschiedsparty und Wohnung Ausräumen passierte, brauchte ich einen Moment, um zu realisieren, dass es passiert war.

Vor zwei Wochen stand ich in einem Whole Foods Market in Camden, füllte freudig meinen Einkaufskorb. Etwas, das für mich immer zu meinen langen London Wochenenden gehört hatte, immer etwas Besonderes war. Und als ich dort Snacks und Zutaten, die köstlich und vielleicht ein bisschen überteuert waren, kaufte, wurde mir plötzlich klar: I could do this everyday now. Und in dem Moment kam ich an. Ich begriff, dass all die kleinen Routinen, die ich mir hier schon aufgebaut hatte, all die Wege, die ich auswendig kannte, all die Eigenarten, an die ich mich längst gewöhnt hatte, längst zu meinem Zuhause geworden waren.

Eine Kolumne

Trotzdem ich gefühlsmäßig angekommen bin, gibt es noch einiges zu tun, um auch auf dem Papier anzukommen. In dieser kleinen Reihe möchte ich dich mitnehmen - mitten rein nach England und London. Meine Erfahrungen und Gefühle teilen, wie es ist in einem neuen Land zu leben, das Brexit-Chaos zu verstehen und sich vom inneren deutschen Versicherungsmakler zu verabschieden. Ich bin gespannt, was da noch kommt.
Millennium Bridge St Pauls Cathedral

Things I love

Wenn ich an alles denke, was mir an London und England so gut gefällt, dann wandern meine Gedanken zuerst in kulinarische Richtungen. Auch wenn man das von England vielleicht gar nicht erwartet. Hier nur eine kurze Auflistung von Dingen, die ich nicht mehr missen möchte:

  • Crumpets: die perfekte Mischung aus Brötchen, Pancake und Sauerteig.Toasten, mit Butter bestreichen, fertig. Hochgenuss.
  • Scones in allen Varianten. Und dann - entgegen der englischen Tradition - ERST mit clotted cream und dann mit Marmelade bestreichen.
  • Bakewell Tarte: Knuspriger Mürbeteig, eine Schicht Beeren(-Marmelade) und dann Frangipane (teigartige Füllung auf Mandelbasis). Mein Lieblings Sunday Treat.
  • Mushy Peas: Erbsen mit ein bisschen Butter, Salz, Pfeffer und frischer Minze zerstampfen und als Beilage zu allem genießen.

Aber mushy peas und Gebäck sind natürlich nicht der einzige Grund, weshalb ich mich hier wohlfühle.

  • Pub Kultur: in jedem noch so kleinen Ort in England gibt es einen Pub. Und Pubs sind großartig! Mit Freunde, Familie oder zu zweit, lässt es sich dort gut trinken und meistens auch richtig gut essen. Dazu entspannte Atmosphäre, Snacks und im Winter sogar Kaminfeuer.
  • Freundlichkeit: Briten sind wesentlich gesprächiger als die (Nord)deutschen. Das macht es einfacher, neue Leute kennenzulernen.
  • weniger (!!!) Bürokratie - aber dazu komme ich im nächsten Teil nochmal. Je mehr Zeit ich hier verbringe, desto mehr glaube ich, dass Bürokratie in Deutschland erfunden wurde und wir daher so gut darin sind.
  • und natürlich: Vielfalt und Diversität! In London kannst du alles machen, alles finden und sein, wer du willst.
Scones | clotted cream | jam
↳ Scones | clotted cream | jam
Toasted Crumpet
↳ Crumpet

Woran ich mich noch gewöhnen muss

Obwohl ich hier schon so viel Zeit und nun auch am Stück verbracht habe, bin ich immer noch nicht wirklich gut darin geworden, die Straße zu überqueren. Und jetzt stutzt du vielleicht. Ja, ich auch. Aber erst einmal herrscht hier ja Linksverkehr und nach Jahren in Deutschland ist es noch immer ein Automatismus, der mich zuerst nach links und dann nach rechts schauen lässt. Zweites drückt hier niemand den Ampelknopf. Alle laufen. Bei rot. Im Gegensatz zu Deutschland ist es hier auch nicht verboten, die Straße bei roter Ampel zu überqueren. Das rote Licht soll lediglich als Hinweis oder Warnung gelten. Und da sie es gar nicht erst anders gelernt haben, sind die Briten wahnsinnig gut darin. Faszinierend. Ich kann es noch immer nicht und warte weiter, bis die Ampel auf grün springt.

Dinge, die ich aus Deutschland vermisse

Meine Familie und Freunde natürlich. Brezeln. Ausdrucksweisen wie “Naja” und “Na siehst du”. Und manchmal dann doch die deutsche Genauigkeit und Effizienz.